Packen wir es an!

copyright© Edgar Honetschläger, all rights reserved, unauthorized use and/or duplication of this material without express and written permission from this site’s author and/or owner is strictly prohibited.

27. April 2020

In den letzten Wochen fuhr ich durch Österreich. Das Land meiner Jugend ist schon lange nicht mehr. Der Bauwucher in alle Himmelsrichtungen ist grenzenlos. Zerstörte Landschaftsstriche, wohin man schaut. Ein Eigenheim neben dem anderen. Riesige Einkaufszentren, Supermärkte, Lagerhallen, Baumärkte, weiss Gott welche Outlets. Die Bauwut der Ösis ist nicht zu stillen.

Schon lange hört man von wachen Geistern, dass wir post-Corona zur Normalität nicht zurückkehren sollten, da die Normalität das Problem war. Fahren sie mit wachen Augen durch die vielgepriesene Landschaft der Alpenrepublik. Das Waldviertel wird bald seinen Namen ändern müssen, denn hektarweise werden die Fichtenmonokulturen wegen des Borkenkäfers abgeholzt. Nie ging es um ausgewogene Natur, immer um Forstwirtschaft. Nicht wenige haben nach dem Krieg gewarnt, dass nur Mischwald Schutz vor Schädlingen und Viren gibt. Und jetzt können die, die nicht hören wollten, Zahnstocher aus ihrem Holz machen und alles wird braches Land. Nur mehr wenige Baumarten sind nicht von Krankheiten befallen, ob der Trockenheit, die das Immunsystem der Bäume schwächt. In vielen Teilen Niederösterreichs und des Burgenlands, gleichwie der Untersteiermark sind viele Bäche ausgetrocknet. 40 cm tief in den Waldboden geht die Trockenheit. Entlang der Bahntrasse am Semmering schneidet die ÖBB bis zu 50 Meter in den Wald die Baumriesen um, damit sie nicht auf die vorbeifahren Züge fallen. Das Moos im Wald zerfällt zu Staub. In manchen Teilen Österreichs kann keine Landwirtschaft mehr betrieben werden, mehr und mehr Brunnen trocknen aus. Ein Grossteil der Bäume Österreichs ist krank, von immer weniger werdenden, denn wir brauchen Bauland. In drei Jahren wird es in Mitteleuropa wie in Sizilien aussehen, ein unendlich schönes Land, dessen Flora seit Jahrtausenden an Trockenheit gewöhnt ist. Unsere nicht. Die Fauna zieht sich in höhere Lagen zurück, viele brauchen ein bestimmtes Klima um reproduzieren zu können. Bald sind die Gipfel erreicht. Und woher soll unser Trinkwasser kommen, wenn wir keine Gletscher mehr haben, wenn es nicht schneit und regnet?

Was lernen wir aus der Coronakrise, die noch lange nicht vorbei ist? Nichts? Wenn wir es nicht schaffen daraus zu schliessen, dass mehr, als in alles Andere, in den Erhalt der natürlichen Welt investiert werden muss und dass wir stante pede unser krankes Konsumverhalten verändern müssen, dann winkt uns ums Eck weitaus grösseres Leid. Es muss Schluss sein mit der Mentalität: ‘Das habe ich verdient, das steht mir zu.’ Mit diesem Appell richte ich mich durchaus auch an meine eigene Kaste. Schluss mit der Generalamnestie für die Intelligentsia.Wir fliegen von Happening zu Happening. Noch mehr Kunstmessen, noch mehr Biennalen, noch mehr Museen, noch grössere Kunst, noch umfassendere Events, noch mehr Filmfestivals die noch länger währen. Ist die Kunst dazu da den Konsum anzutreiben?

Das Einzige, das helfen kann, ist Verzicht. Ohne Ausnahmen. Jeder bekommt ein jährliches, gleich grosses CO2-Punkte Pouvoir. Wenn man ein Auto hat, dann kann man eben nicht jede nur erdenkliche Flugreise antreten.Weekend Shopping in London und NewYork – gestrichen.Wenn man ein Haus baut, dann bedeutet das über so und so viele Jahre Abzug von Punkten und man kann andere Dinge nicht für sich reklamieren. Faschismus? Demokratie! Jede/r hat dieselbe Ausgangsposition, jede/r, und es obliegt ihr oder ihm mit dieser eigenverantwortlich umzugehen. Immer noch werden wir vorwiegend gelenkt von alten Männern die dem 20. Jhdt und seiner Denke verpflichtet sind, blind und taub für die Zeichen der Zeit.Wann werden wir endlich verstehen, dass das 21.Jhdt unter anderen Vorzeichen steht, als das 20.? Corona ist als Möglichkeit zu begreifen, jetzt, nicht morgen, einen sofortigen Wandel im Umgang mit der Natur – unserer Lebensgrundlage – zu vollziehen. Und jede/r muss bei sich selbst damit beginnen. Müll trennen ist zu wenig. Packen wir es an!